Das vorübergehende Verbot der Jagd auf Turteltauben in einigen Ländern liess die Population der seltenen Vögel in die Höhe schnellen. Dieser Erfolg dient nun als Rechtfertigung der neuerlichen Jagdfreigabe.
EU gibt Turteltaube wieder zum Abschuss frei
In vielen europäischen Ländern herrschte in den vergangenen drei Jahren ein Jagdstopp für die global gefährdete Turteltaube. Konsequent umgesetzt wurde das Moratorium in Spanien, Frankreich und Portugal, worauf sich der Bestand zumindest in Westeuropa etwas zu erholen schien. Allerdings gefährdet die EU-Kommission nun diesen Artenschutzerfolg: Sie erlaubt entlang der westeuropäischen Zugroute wieder den Abschuss von über 130'000 Turteltauben. BirdLife Europa und weitere Organisationen kritisieren den Entscheid scharf.
Hauptursache für die Gefährdung der Turteltaube ist der Lebensraumverlust; die Jagd und die Wilderei kommen noch hinzu. Die neue Jagdquote entspricht 1,5 % der westeuropäischen Population. Damit ist ein erneuter Bestandesrückgang auch in Westeuropa zu befürchten.
BirdLife Europa setzt sich in diversen Ländern für die Förderung und den Erhalt der Turteltaube ein. Auch BirdLife Schweiz engagiert sich für die Art und legt beispielsweise zusammen mit Partnern in den Kantonen Bern, Freiburg, Waadt und Genf spezielle Turteltaubenbrachen an.
Artenförderungsprojekt Turteltaube
Die Turteltaube ist rostbraun gefärbt und vor allem durch ihr charakteristisches Gurren bekannt. Sie ist nicht zu verwechseln mit der ebenfalls braun gefärbten Türkentaube, die im Siedlungsraum lebt.
Einst in Europa und der Schweiz weit verbreitet, haben die Bestände in den letzten Jahrzehnten dramatisch abgenommen, womit die Art nun auf der globalen Roten Liste steht. Europaweit nahm der Bestand der Art seit 1980 um etwa 80 Prozent ab. Dramatisch ist der Rückgang auch in der Schweiz, wo man heute nur noch rund 100 bis 200 singenden Männchen findet. Wie viele von ihnen überhaupt noch ein Weibchen finden, ist ungewiss. Die letzten Bestände konzentrieren sich auf wenige Regionen in tiefen Lagen, vor allem in der Westschweiz, im Rhonetal, im Südtessin und in der Nordschweiz. Die grösste Bedrohung für die Turteltaube ist der Verlust naturnaher Kulturlandschaften. Die intensive Landwirtschaft lässt kaum noch geeignete Lebensräume zum Brüten und für die Nahrungssuche übrig. Dadurch sinkt der Fortpflanzungserfolg – und mit ihm die Hoffnung auf eine Erholung der Population.
Schutzprojekte bringen Hoffnung
Doch es gibt auch positive Entwicklungen: In England konnten sich die Bestände der Turteltaube lokal deutlich erholen – dank grossflächiger extensiver Beweidung und Brachen, die ein reiches Nahrungsangebot bieten. Um dem Rückgang hierzulande entgegenzuwirken, hat BirdLife Schweiz ab 2021 Pilotversuche zur gezielten Förderung der Art gestartet. Spezielle Brachen mit rund 50 % offenen Bodenflächen bieten den Turteltauben ideale Bedingungen zur Nahrungssuche.
Seit 2024 legen BirdLife Schweiz und Partner in den Kantonen Bern, Freiburg (Grosses Moos), Waadt (Bois de Suchy) und Genf (Champagne genevoise) gezielt Turteltaubenbrachen an. In enger Zusammenarbeit mit lokalen Landwirten, den Kantonen sowie der Groupe ornithologique du Bassin genevois (GOBG) – einem BirdLife-Kantonalverband – konnten bereits zahlreiche dieser wertvollen Flächen geschaffen werden. Der Bestand im Grossen Moos ist verschwindend gering, im Bois de Suchy und der Champagne genevoise zählt man noch über 20 singende Männchen. Dort gilt es nun, die Naturschutzanstrengungen zu intensivieren, um diese so wichtigen Bestände möglichst zu erhalten.
Zudem unterstützt BirdLife Schweiz nationale BirdLife-Organisationen im Mittelmeer raum in ihrem Engagement gegen die Wilderei.