Eismöwe

Eismöwe - Irrgast aus der Arktis

Irrgast aus der Arktis

Vor dem Jahreswechsel 2003 verirrte sich eine adulte Eismöwe an den Inkwilersee. Am Montag, 15. Dezember 2002 waren Vreni und ich auf dem Weg nach Trimbach, um dort einen neuen Schlafzimmerschrank zu kaufen. Auf der Inkwilerstrasse verliessen wir unser Dorf Richtung Autobahn. Sofort stach mir auf der Vorbeifahrt südlich des Bahntrassees ein grosser, weisser Vogel ins Auge. Ich schätzte ihn etwa so hoch wie ein Seidenreiher. Und doch entsprach die Silhoutte gar nicht dieser Art, denn sie war nicht so zierlich sondern eher korpulenter. Was mochte das wohl für ein Vogel sein? Da wir bedauerlicherweise in Trimbach einen Besichtigungstermin vereinbart hatten, konnte ich der äusserst verlockenden Erscheinung nicht auf den Grund gehen. Am Abend sollte ich dann von Patrick Frara Gewissheit erhalten, denn er erspähte das Riesending ebenfalls an diesem Morgen und bestimmte den Vogel als eine adulte Eismöwe (Larus hyperboreus).

Eismöwe

Zur Bestätigung dieser Ausnahmeerscheinung aus dem nördlichen Polargebiet zog er sofort Hansruedi Flück heran. Noch am gleichen Abend und an den folgenden Tagen orientierte Patrick ebenfalls, Konrad Eigenheer, Walter Christen und mich. Während 11 Tagen kontrollierte ich dann die Anwesenheit der Grossmöwe, die ich während dieser Zeitspanne dann auch lückenlos protokollieren konnte. Nachdem die Möwe dem Inkwilersee den Rücken gekehrte hatte, konnte sie dann von Walter Christen in der Selzacher Witi noch einmal gesichtet werden. Darauf zog der Irrgast aus dem hohen Norden westwärts weiter an den Neuenburgersee, wo er schlussendlich auch von einer stattlichen Anzahl Schweizer Vogeljägern (Twitchern) aus dem 300er-Club aufgespürt wurde. Während der Nacht verweilte die Möwe jeweils auf dem vor Füchsen sicheren Gewässer. Nach Tagesanbruch erledigte sie dann auf dem Wasser noch rasch ihre Morgentoilette, ehe sie auf den umliegenden Feldern nach Nahrung suchte und ihren während der Nacht eingefangenen Hunger stillte. Nachdem im Winter 1970/71 am Neuenburgersee und wiederum im Winter 1978/79 am Bodensee jeweils eine immature Eismöwe gesichtet wurde, ist das seit 1900 für die Schweiz erst der dritte gesicherte Nachweis dieses mehr als nur seltenen Gastes.

Steckbrief

Die Eismöwe bewohnt die arktischen Küsten Eurasiens und Nordamerikas, einschliesslich der arktischen Inseln. Die meisten Vögel verbringen den Winter auf dem offenen Meer noch nördlich des Polarkreises. Einige von ihnen ziehen aber weiter nach Süden zur Nord- und Ostsee und zur westeuropäischen Küste, ja sogar bis zum Mittelmeer. Die Eismöwe verirrt sich jedoch nur selten in das Binnenland und wird hierher nur von schweren Sturmböen abgetrieben. Die Grossmöwe mit gelbem Augenring, fleischfarbenen Beinen, einheitlich hellgrauem Mantel, reinweissen Handschwingen und Flügelhinterrändern ist 1200 – 2000 g schwer und hat eine Körperlänge von 62 – 68 cm sowie eine Flügelspannweite von 138 –158 cm. Zum Vergleich – unsere allseits bekannte Lachmöwe bringt es hingegen nur gerade auf folgende Bodymasse: Körperlänge beträgt 35 – 39 cm, Flügelspannweite 86 – 99 cm.

Bericht: Hanspeter Aeschlimann